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gedanken zum tag

über ein solarprojekt spricht er mit ihr. gesponsert von so einer dubiosen pharmafirma sagt er. da könne man nichts machen. gutes projekt. fragwürdiger sponsor. ich sitze mit dem rücken zu ihnen gekehrt und lasse meine gedanken um ihr mögliches aussehen kreisen. sie spricht nicht sehr viel aber irgendwie liegt eine gewisse zärtlichkeit im raum. eine verbindung. jetzt ist es zeit für ihn auszusteigen. wunderbar nervös verabschieden sich die zwei. versprechen einander sich zu melden. eilende abschiedsküsschen. als wir abfahren ist es schwer durch das menschengewirr hindurch zu blicken und so sieht er ihr heftiges abschiedswinken nicht obwohl sein blick sehnsuchtsvoll suchend an den abfahrenden wägen hängen bleibt. später schaue ich lächelnd der etwas älteren frau nach. riesige siebzigerjahre brillengläser, leicht geduckte körperhaltung. zärtlich und vorsichtig tapst sie heimwärts und ihre gedanken kreisen so sehnsuchtsvoll um ihn dass ich sie beinahe hören kann.

This is a film [Three Colours: Red] about communication that disappears. We have better and better tools and less and less communication with each other. We only exchange information.
Krzysztof Kieslowski

(Marek Haltof: The cinema of Krzysztof Kieslowski - variations on destiny and chance)

rainer maria rilke - die aufzeichnungen des malte laurid brigge (ausschnitt)

Habe ich es schon gesagt? Ich lerne sehen - ja, ich fange an. Es geht noch schlecht. Aber ich will meine Zeit ausnutzen. Daß es mir zum Beispiel niemals zum Bewusstsein gekommen ist, wieviel Gesichter es gibt. Es gibt eine Menge Menschen, aber noch mehr Gesichter, denn jeder hat mehrere. Da sind Leute, die tragen ein Gesicht jahrelang, natürlich nutzt es sich ab, es wird schmutzig, es bricht in den Falten, es weitet sich aus wie Handschuhe, die man auf der Reise getragen hat. Das sind sparsame, einfache Leute; sie wechseln es nicht, sie lassen es nicht einmal reinigen. Es sei gut genug, behaupten sie, und wer kann ihnen das Gegenteil beweisen? Nun fragt es sich freilich, da sie mehrere Gesichter haben, was tun sie mit den andern? Sie heben sie auf. Ihre Kinder sollen sie tragen. Aber es kommt auch vor, dass ihre Hunde damit ausgehen. Weshalb auch nicht? Gesicht ist Gesicht.

Andere Leute setzen unheimlich schnell ihre Gesichter auf, eins nach dem andern, und tragen sie ab. Es scheint ihnen zuerst, sie hätten sie für immer, aber sie sind kaum vierzig; da ist es schon das letzte.Das hat natürlich seine Tragik. Sie sind nicht gewohnt, Gesichter zu schonen, ihr letztes ist in acht Tagen durch, hat Löcher, ist an vielen Stellen dünn wie Papier, und da kommt dann nach und nach die Unterlage heraus, das Nichtgesicht, und sie gehen damit herum.

Aber die Frau, die Frau: sie war ganz in sich hineingefallen, vornüber in ihre Hände. Es war an der Ecke rue Notre-Dame-des-Champs. Ich fing an, leise zu gehen, so wie ich sie gesehen hatte. Wenn arme Leute nachdenken, soll man sie nicht stören. Vielleicht fällt es ihnen doch ein.

Die Straße war zu leer, ihre Leere langweilte sich und zog mir den Schritt unter den Füßen weg und klappte mit ihm herum, drüben und da, wie mit einem Holzschuh. Die Frau erschrak und hob sich aus sich ab, zu schnell, zu heftig, so dass das Gesicht in den zwei Händen blieb. Ich konnte es darin liegen sehen, seine hohle Form. Es kostete mich unbeschreibliche Anstrengung, bei diesen Händen zu bleiben und nicht zu schauen, was sich aus ihnen abgerissen hatte. Mir graute, ein Gesicht von innen zu sehen, aber ich fürchtete mich doch noch viel mehr vor dem bloßen wunden Kopf ohne Gesicht.

dank an meinen bruder der mir diese zeilen zukommen lässt.

gitarrenklänge. die samstägliche sonne die durchs fenster scheint. davor den tag mit einem kleinen etwas zu teuren einkauf begonnen. truthahn geschnezeltes gekocht. auf meiner couch etwas zu schnell gegessen und dann gitarrenklänge. und ich beginne langsam langsamer zu werden. lass mir zeit und orientiere mich. wo bin ich. wer bin ich. und die samstägliche sonne die durchs fenster scheint. eine halbe ewigkeit scheint der moment her zu sein an den ich mich erinnere und der mich veranlasst nach ihm zu suchen. ich lächle. man hat so unendlich viel zeit wenn man sich zeit lässt. klaus trabitsch - du&i. damals noch am campus und plötzlich kann ich mich erinnern als ob es gestern gewesen wäre. wie die sonnenstrahlen des novembers mein gesicht wärmten, meine gedanken fliegen ließen. und heute? ein kleines haus mit 3 freunden. eine kleine küche. ein kleines niemals gemähtes grün das man vorgarten nennen kann. mein zweites universitätsjahr neigt sich langsam dem ende zu. gestern noch sitze ich verträumt im auto und denke über die starken stimmungsschwankungen der letzten tage nach. wie sich manchmal alles voller möglichkeiten anfühlt. voller abenteuer und unbekannten geschichten. tags darauf ruht die triste umgebung gefängniszellengleich auf meinen allzu schwachen schultern und das dunkelgelbe licht der straßenlampen zährt an meinem gemüt während die schatten meiner ungewissen zukunft mich zu erdrücken drohen. wie wunderschön zartbitter-orange es sich in passend dunklen worten suhlen lässt. gerade eben habe ich die fishers (six feet under) durch die letzten episode der vierten staffel begleitet wo david gegen ende wieder einmal seinem toten vater nathaniel begegnet. david trägt aufgrund vorangegangener ereignisse viel schmerz und angst mit sich und findet keine erlösung. nathaniel macht ihn darauf aufmerksam dass ein 'bisschen schmerz' nicht vergleichbar ist mit dem tod. die einfache lösung liegt genau vor ihm: sie heißt leben. ein bisschen mehr leben und ein bisschen weniger leiden. jetzt hat winamp klaus trabitsch's du&i erreicht und ich lächle. danach kommt 'luftdeppert'. wunderbar.

schreibt daddyd und ich möchte auch gratulieren. seine bücher gehören ohne zweifel zu meinen lieblingskinderbüchern. und während ich jetzt lächle fallen mir einige andere bücher ein die mich sicher sehr geprägt haben. das kleine ich bin ich, die geggis, ein buch über kleine lebewesen die in einem baum leben und dann später einen 'drachen' bändigen (kann mich gerade nicht erinnern). die kinder von bullerbü und pippi langstrumpf. all diese wunderbaren geschichten und erinnerungen in meine kopf. da ärgert es mich gerade um so mehr, dass das lesen im internet in meinem fall zunehmend überhand nimmt und ich nicht annähernd so viele bücher lese wie früher wo ich manche zuweilen kaum weglegen konnte.

"Every second five people are born and two people die, a net gain of three people. At this rate, the world population is doubling every 40 years. However the United Nations estimates that we will only be 12 billion in 120 years."
(6 Billion Human Beings)

Kurzhörspiel von Ursula Scheidle
"... Ich baue mir Luftinseln zwischen Himmel und Asphalt ..."
Länge: 6:40 min

Von A nach B der Liebe wegen.
Einstürzende Neubauten.
Erinnerungen an spezielle Momente.

Lächle für dich.

kurz mit meinem arm hineinblinken in den kreisverkehr. linksverkehr. hier ist linksverkehr. aber ich muss in diesem moment nicht daran denken. ich fahren den weg nicht zum ersten mal. zwei autos überholen mich und mein lieb gewonnenes fünf-pfund-rad. ohne zu blinken auf den von hecken geschützten gehsteig und durch das s-gatter durchmanövrieren. der an den schmalen fußweg angrenzende sportplatz ist weißlich, fast grell beleuchte aber in der ferne verschwindet der weg in tiefem schwarz. ich habe mich noch nie sonderlich wohl gefühlt allein in der nacht. kurz bevor mich das schwarz verschluckt entscheide ich mich das gelblich-orange leuchtende dynamo-licht zuzuschalten und fahre weiter in die nacht. diese schmale abkürzung die später links an einem friedhof vorbeiführt hat mir des nächtens noch jedes mal eigenartige gedanken eingepflanzt und ich denke noch. ja. keine horrorfilme. ich brauche keine neuen ängste. das ist schon ok. und dann. ein einsamer schmerzhafter schrei. ich zucke zusammen und fahre einen kleinen haken. vermutlich ein tier. rede ich mir ein. während in meinem kopf sexualdeliktische csi-intro-szenen ablaufen. der schrei kam von rechts. gegenüber des friedhofs ein undurchschaubar verwachsenes gestrüpp und bäume. alles schwarz wie die nacht durch die ich jetzt mit schnelleren tritten fahre. ich bin froh den fußweg zu verlassen. der restliche heimweg ist gut beleuchtet wenn auch sicher viel gefährlicher als der unangenehm dunkle fußweg. ich fahre behände den radweg entlang. autos fahren an mir vorbei und ich fühle mich wie ein einsamer kämpfer in der fremde. es ist eine kalte nacht und meine nase rinnt. was wohl gerade all die menschen zu hause machen. mehrere hundert kilometer gen osten. wer wohl an mich denkt. ich radle und radle und verspüre keine körperliche erschöpfung aber die eigenwillige einsamkeit in mir. den leichten hügel hinunter schlängle ich mich zügig durch das suburbane strassengewirr. die nahezu immer gleichen backsteinhäuser ziehen an mir vorbei. wie vertraut mir all diese straßen in den letzten paar monaten geworden sind. ein zweiter und letzter kreisverkehr veranlasst mich zu einer engebildet gravitationellen beschleunigung, als ob die mitte des kreises ein planet und ich ein satellit wäre und schließlich. ich schnaufe zufrieden aber noch immer einsam. unser gartentor vor mir. durch die glastür sehe ich dass licht in der küche brennt. und drinnen erwartet mich ein vollkommen unerwartetes paket von amazon. von wem es wohl sein mag? es liegt jetzt neben mir und ich will es noch eine kleine weile nicht aufmachen. ich lächle. wer immer mir dieses geschenkt bereitet hat. das timing könnte kaum besser sein. ich bin zuhause. jemand beschenkt und denkt an mich. ich fühle mich nicht mehr so allein.

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.

Rainer Maria Rilke, 6.11.1902, Paris

gestern in den ganz fruehen morgenstunden noch zuhause am 'berg' und heute. hier und jetzt in einem turm. in einem raum voller grossformatiger bildschirme und den dazugehoerigen grossen grauen kaestchen mit lochgitterfront, die ventilatoren rauschen sanft dahin als wollten sie mich in den schlaf wiegen. es ist gleichmaessig dunkel draussen obwohl es erst halb vier ist. in mir branden die gedankenwellen, gefuellt mit den momenten der vergangenen wochen und ich geniesse meine innere ruhe.
mein zimmer fuehlte sich gestern auf eine ganz eigene art und weise vertraut an. der geruch. schreibtisch. das grosse bett. es ist schoen raum fuer sich zu haben. ich komme von zu hause. ich komme nach hause. mittellang im zimmer das mitgebrachte gepaeck ausbreiten und mit dem bus zum campus. vertraute und lachende gesichter sehen und haende schuetteln. einen neuen vortragenden durch fragen fordern und auf die probe stellen.
abends dann der einbruch. kraftlosigkeit stellt sich ein. der lange tag hat seinen preis. ich gebe ihm und mir salzige traenen. realitaetswechsel wie diese verlangen energie. balsam die paar gewechselten worte mit meiner schwester. schluchzend die versicherung dass es mir gut geht. auf auf zu neuen taten. ob klein oder gross. bewegung ist gefragt. ich bin guter dinge. kraft und liebe in meinem herzen. hello, world. it's me again.

 

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